Getriebedefekt XT 660Z

Technische Themen von der Ur-Ténéré bis zur T700.

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Chicxulub
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Getriebedefekt XT 660Z

Beitrag von Chicxulub »

Nun ist doch noch eingetroffen, wovor ich dank der Zuverlässigkeit japanischer Technik jahrzehntelang verschont geblieben bin: der ungeplante Abbruch des Motorradurlaubs infolge eines technischen Defekts.
Meine 2008er XT 660Z ist mit aktuell 69551 km nicht mehr die Jüngste, erfreute sich aber dank kompetenter Pflege zweier motorraderfahrener Vorbesitzer bester Gesundheit. So brach ich vor 14 Tagen auf zu einer Rundreise in die französischen und italienischen Alpen, mit neuen Reifen, frisch eingestellten Ventilen, neu abgeschmierten Lenkkopf- und Radlagern, neuer Iridiumzündkerze, Lufi etc. etc.... aus Nachlässigkeit wollte ich als Alleinreisender jedenfalls keine Panne riskieren.
Und dann trat nach einer Woche sorgenfreies Touren bei 68500 km ein unerwarteter Schaden auf. Beim genüsslichen Cruisen über eine ruhige Nebenstrecke blockierte plötzlich der Schalthebel, ein Widerstand verhinderte das freie Wechseln der Gänge, der dritte Gang war drin und ging auch nicht mehr raus. Gut. So einen Effekt zeigte auch meine zweite VFR 750F, wenn ich zuvor den Schalthebel nicht exakt bis an den Anschlag gedrückt hatte. Sie war mit 45.000 km auch schon etwas betagter. Das Problem ließ sich aber immer schnell lösen durch eine Neusortierung der Gänge nach Abstellen des Motors. Nicht so bei der Ténéré: der dritte Gang wollte nicht mehr raus. Auch äußerlich war keine mechanische Blockade des Hebels zu erkennen, also doch ein Getriebedefekt. Es blieb mir vorerst nichts anderes übrig als die Rückfahrt zum Campingplatz anzutreten, mit dauerhaft eingelegtem Gang. Unterwegs ließ ich natürlich nichts unversucht, dem Getriebe wieder sein normales Arbeitsverhalten abzutrotzen. Und eine Aktion war erfolgreich: mit gezogener Kupplung Gas geben bis kurz fast Maximaldrehzahl anliegt! Ohne irgendwelche ungewohnten Geräusche, ohne Krachen oder Heulen oder so etwas standen nach dem Einkuppeln wieder alle Gänge wie gewohnt zur Verfügung. Uff!
Aber nur für ca. 100 km. Dann sprang der gerade eingelegte dritte Gang heraus und ward von da an nie mehr präsent. Stattdessen gab es an seiner Position einen zusätzlichen Leerlauf. Und so blieb es dann auch die nächsten 1050 km, das war die Distanz meiner Rückreise. Auf die mit einem Umweg verbundene Fahrt zu meiner gebuchten nächsten Unterkunft im Piemont habe ich verzichtet weil ich nicht wissen konnte ob das Getriebe vielleicht nicht doch durch das Verklemmen diverser abgebrochener Innereien (Schaltgabel?) total blockieren könnte. Da wollte ich lieber umgehend meiner Heimat noch so nah wie möglich kommen und habe mit Bedauern die kostenpflichtige Stornierung des Mietpreises in Kauf genommen.
Die Rückfahrt ohne dritten Gang war möglich, aber natürlich ungewöhnlich. Zweiten Gang so hoch ziehen wie möglich, zweimal hochschalten in den vierten Gang. Auf der Landstraße kein Problem, bei den zahlreichen Ortsdurchfahrten aber furchtbar, bei 50 km/h findet der vierte Gang nur Anschluss wenn's leicht bergab geht. Ansonsten im zweiten Gang bleiben bei Drehzahlen, die einem viel Aufmerksamkeit der Passanten verschaffen. Egal. Ich bin wieder Zuhause.
Ich habe zwar bisher fast alles an meinen bisherigen Motorrädern selbst gemacht, aber ein Getriebeausbau war noch nicht darunter. Deshalb kontaktierte ich zwei als eigentlich seriös bekannte Yamahahändler um eine Kostenschätzng zu erfragen. Der erste lehnte gleich ab und forderte stattdessen die Einwilligung zu einer Kostenübernahme für den Ausbau des Motors um dann anschließend einen Kostenvoranschlag machen zu können, der zweite nannte sofort die Summe von MINDESTENS 2000 €....
Was haltet Ihr davon? Eure Erfahrungen, Eure Meinung oder Ratschläge dazu würden mich sehr interessieren. Vielen Dank.
Freundliche Grüße
Robert
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deandy
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Re: Getriebedefekt XT 660Z

Beitrag von deandy »

Hallo Robert

Ich würde zuerst mal alle Verdächtigen (ebay, tenere.de, kleinanzeigen) checken, ob da einer von einer Unfallmaschine mit wenig Kilometern noch ein Getriebe zu verkaufen hat. Sonst war bei den alten Einzylindern https://www.motoritz.de/ immer eine gute Anlaufstelle - der kennt sich bestens damit aus und hat ziemlich sicher auch 660er-Teile in seinem grossen Lager.

Hoffe Du bekommst das wieder gut hin und schon bald wieder gute Fahrt in allen Gängen.

:dirtbike: Andy
Ténéré - what else!?! :dirtbike:
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Chicxulub
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Re: Getriebedefekt XT 660Z

Beitrag von Chicxulub »

Hallo Andy, vielen Dank für Deine Antwort.
Wie bereits oben erwähnt übersteigt ein Motorenausbau inkl. Zerlegung des Getriebes meine Erfahrungen und ehrlich gesagt auch mittlerweile meine früher reichlich vorhandene Courage was mechanisches Neuland betrifft. Ich hätte deshalb die Instandsetzung gerne einem Fachmann überlassen, aber nicht zu diesen Kosten. Da ich altersbedingt mich aber eh schon dem Limit nähere wo man Motorradreisen noch körperlich vernünftig und verantwortungsvoll bewältigen kann gab dieses Erlebnis nur den Anstoß, endgültig damit aufzuhören. Ich habe die Ténéré für 2500 € preiswert aber unrepariert angeboten und war schon am nächsten Tag "nur noch" - Autofahrer. In diesem Sinne suche ich deshalb auch nicht nach einer Lösung des für mich nicht mehr existenten Problems, vielmehr interessieren mich die Erfahrungen anderer Ténérébesitzer zu diesem Thema. Bisher hatte ich in der ganzen Berichterstattung über die XT 660Z noch nichts von einem derartigen Defekt vernommen, selbst der bulgarische Youtuber mit dem Kanal "motorcycleadventures" hatte nach 192.000 km keinen solchen kapitalen Schaden erlebt - von seiner XT660Z musste er sich angeblich nur deshalb trennen weil ihm in Istanbul ein Auto aufgefahren war... jetzt fährt er eine T7.
Aber auch Eure Erfahrungen mit diesbezüglichen Werkstattkosten würden mich interessieren, denn die von der Werkstatt genannten 2000 € hatten mir echt die Sprache verschlagen... vor 22.000 km hatte ich für die komplette Maschine inkl. Zubehör nur 3250 € bezahlt. Logisch, dass ich in eine 15 Jahre alte Enduro mit 70.000 km nicht mehr sowiel Geld reinstecken kann, denn was kommt als nächstes? Der Zylinderkopf?

Beste Grüße, Robert
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Chicxulub
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Re: Getriebedefekt XT 660Z

Beitrag von Chicxulub »

Ist ja nicht viel los hier... die Schreibarbeit kann ich mir in Zukunft sparen.
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Märsu
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Re: Getriebedefekt XT 660Z

Beitrag von Märsu »

Ich habe gerade einen ähnlichen Fall
meine 47N hat jetzt einen bestätigten Getriebeschaden 2er Gang erste Einschätzung meines Motorradmechanikers war da musst Du 3-5Tausend Franken rechnen und eigentlich möchte ich meine spezielle allwetterteuere nicht sterben lassen sie zeigt jetzt um die 90'000km an vielleicht sind es auch 190'000 oder so habe sie erst ca 10 Jahre

Ich muss das erst verdauen
ST (Honda) fahre isch schön Teneree (2x47N u e ZE) fahre isch schöner smile
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Chicxulub
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Re: Getriebedefekt XT 660Z

Beitrag von Chicxulub »

Hallo Märsu,
ich glaube diese (Reparatur-) Preisvorstellung ist auch gar nicht zur Verdauung vorgesehen. Wenn ich mir diese Beträge anschaue komme ich lediglich zu dem Schluss, dass die Vertragshändler keine Reparaturen mehr durchführen wollen. Das Neumaschinengeschäft ist für die viel einträglicher, da gibt es nicht viel zu tun und die Margen sind erfreulich. Auch die normalen Inspektionen sind - japanischer Technik sei Dank - einfache Routinearbeiten ohne große handwerkliche Herausforderungen die man sich dennoch sehr gut vergüten lassen kann. Aus diesem Grund habe ich die letzten Jahrzehnte auch immer selbst Hand angelegt und Werkstätten gemieden.
Auf einen Motorenausbau und eine Getriebezerlegung hatte ich aber absolut keinen Bock mehr, v. a. weil ich auch das Ende meiner Karriere als Motorrad - "Fahrer" nahen sah, nicht nur als Motorradschrauber. Eine Instandsetzung hätte lediglich der Wiederherstellung eines angemessenen Verkaufspreises gedient. So aber geht die Rechnung nicht auf.
Da ich die Geschichte der Ténéré schon seit 1984 verfolge, wir hatten schon im Jahr 1985 zwei 55W`s (die deutsche Version Deines Modells) wundere ich mich dass Dein Getriebe tatsächlich die 90.000er Marke geknackt hat, eigentlich ist das Modell dafür bekannt dass schon nach 70.000 km das Zahnradpaar des letzten Ganges abgenudelt ist... 190.000 wäre also sehr unwahrscheinlich.
Ich glaube es bleibt in Deinem Falle nur die Möglichkeit einen qualifizierten selbstschraubenden Einzylinderliebhaber aufzuspüren der sich noch nicht darauf spezialisiert hat seine Mitmenschen über den Tisch zu ziehen. Die andere Möglichkeit wäre dieses in Liebhaberkreisen sehr hoch geschätzte Modell - ich sage sogar dieses total überschätzte Modell - reparaturbedürftig als Bastelobjekt anzubieten. In eine Reparatur zu investieren halte ich für hochriskant. Für diese alten Ténérés der 34L und 55W - Baureihe werden zwar regelmäßig Mondpreise aufgerufen, aber einen erfolgreichen Verkauf zu den aufgerufenen Konditionen konnte ich noch nicht beobachten.

Falls Du unsere alten Ténérés sehen willst: Youtube.com@enduroreisen
Viele Grüße,
Robert
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